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Bulle und Bär
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Aufziehende Gewitter nach einem schönen Hochsommertag …

…haben wir in den letzten Tagen tatsächlich ausreichend erlebt. Man weiß, dass irgendwann solche Gewitter kommen, nur wo und wann sie genau zuschlagen, ist meist erst kurz vorher abzusehen.

So oder so ähnlich stellt sich für uns die aktuelle Lage an den Kapitalmärkten da. Die Volkswirtschaften laufen inzwischen überwiegend auf Vollgas. Die meisten Branchen haben wieder geöffnet, es kommt zu den erwarteten Nachholeffekten. Zusätzlich greifen langsam die diversen Konjunkturprogramme, die entweder aufgrund neuer Politik (USA) oder aufgrund von Corona-Hilfsmaßnahmen angekurbelt wurden.

Gleichzeitig sehen wir in vielen Branchen komplett leer geräumte Lager. Somit können wir auf der positiven Seite vermerken, dass die Wirtschaft unter diesen Voraussetzungen äußerst robust sein sollte. Selbst ein Nachfrageeinbruch in einem der Segmente (der im Moment nicht abzusehen ist), könnte durch die anderen Aktivitäten ausgeglichen werden. Die extrem hohe Nachfrage von allen Seiten trifft aber auch auf die angesprochenen leeren Lager und auf eine ganze Reihe von Problemen in den globalen Lieferketten. Das führt in vielen Bereichen zu massiv steigenden Preisen. Von offizieller Seite wird von einer vorübergehenden Inflationsspitze gesprochen. Wir sehen das etwas kritischer. Die Gefahr, dass die Inflationsraten aus dem Ruder laufen oder über einen längeren Zeitraum anhalten werden, ist bei Betrachtung von Rohstoff- und anderen Preisen durchaus gegeben. Und das könnte die Notenbanken dazu zwingen, schneller die Zinsen anzuheben, als ihnen lieb ist. Immerhin wurde bereits das Wording der Notenbanken geändert. Sprachen die Notenbanken bisher noch von quasi ewigen Zeiträumen für ein Nullzinsumfeld, wurde jetzt ein mögliches Ende der Nullzinsphase für 2022/2023 in Aussicht gestellt. Natürlich verkauft man das mit der Stärke der Wirtschaft – weshalb höhere Zinsen bisher noch niemanden an den Kapitalmärkten stören.

Aber es scheint doch so zu sein, wie wir in den letzten Jahren immer wieder geschrieben haben: Das Finanzsystem ist von massiver Liquidität abhängig. Wenn versucht wird, den Hahn wieder zuzudrehen, kann es ganz schnell wieder zu negativen Kurskapriolen an den Märkten kommen. Der Vergleich mit einem Junkie, der immer höhere Dosen seiner Drogen braucht ist leider nicht von der Hand zu weisen.

In unserem Jahresausblick zeichneten wir in Summe ein positives Bild für die Aktienmärkte im Jahr 2021. Die meisten Märkte haben seitdem zwischen 5% und 15% zugelegt. Sogar der deutsche DAX-Index gehörte in diesem Zeitraum mal wieder zu den besseren Indizes (+15%). Auffällig ist die relative Schwäche chinesischer und japanischer Aktien im ersten Halbjahr. Die Gründe für unsere positive Einstellung haben wir ausführlich benannt – es waren vor allem der Beginn der Corona-Impfungen, die neue US Administration, die positiven Entwicklungen in Asien und – last but not least – das extrem niedrige US Zinsniveau.

Inzwischen sind gut 6 Monate vergangen – und es hat sich doch einiges geändert. Nachfolgenden Chart haben wir Ihnen in unserem letzten Ausblick gezeigt. Im November lagen die Zinssätze für amerikanische Staatsanleihen je nach Laufzeit zwischen 0,1% und 1,5%.

Chart: Renditen US Staatsanleihen über 1, 5, 10 und 30 Jahre

 

Sechs Monate später verharren die kurzfristigen Zinsen – aufgrund der Aktivitäten und Aussagen der Notenbanker – weiterhin bei rund 0,1%. ABER: In allen anderen Laufzeiten sind die Zinsen deutlich gestiegen. Hier liegen wir jetzt bei 0,9% bei den 5-jährigen Anleihen, 1,5% bei den 10-jährigen Anleihen und 2,1% bei den 30-jährigen Anleihen. Natürlich will kein vernünftig denkender Mensch einer völlig überschuldeten, ehemaligen Weltmacht, die sich in den letzten Jahrzehnten mehrfach selbst zerlegt hat, für 30 Jahre Geld leihen und dafür nur mit 2,1% Zinsen pro Jahr abgespeist werden. Aber so einfach sind Finanzmärkte leider nicht. Viel wichtiger sind die Relationen zueinander. Bei langlaufenden Staatsanleihen sehen wir jetzt wieder Zinsen, wie bereits vor Corona.

Das Argument des extrem billigen Geldes zählt somit jetzt zum Großteil nicht mehr!

… nur dumm, dass es eines der Haupt-Argumente war für den Anstieg! Trotzdem werden Aktien gekauft, als gäbe kein Morgen mehr – eben genau mit diesem Argument, dass die Zinsen so niedrig seien….was sie aber eben nicht mehr sind, wenn man sie in Relation betrachtet und nicht absolut.
Wir befinden uns insgesamt in vielen Bereichen in einer sehr spekulativen Gemengelage, die wir hier stichpunktartig zusammenfassen:

  • horrend hohe Fantasiebewertungen in manchen Titeln
  • grenzenloser Optimismus
  • (zu) hohes Vertrauen in die Institutionen
  • (irrsinnig) hohe Wertpapierkredite
  • Historisch hohe Bewertung des Gesamtaktienmarktes (in den USA beträgt die Bewertung des Aktienmarkts 200% des US BIP´s)
  • Spekulation von Kleinanlegern auf Rekordniveaus
  • die globale Staatsverschuldung wurde massiv erhöht

Zu dieser Gemengelage kommt jetzt dazu, dass langsam aber sicher immer mehr »Risse im Fundament« sichtbar werden. So haben wir bereits einige Hedgefonds- und Bankenpleiten dieses Jahr gesehen.

Aus unserer Sicht passt hier einiges nicht mehr zusammen. Es gibt reihenweise Warnsignale – und alle werden sie ignoriert.

Natürlich kann man weiterhin begründet annehmen, dass uns das Thema Corona jetzt weniger stark beschäftigt als in den letzten Monaten. Aber diesen Grund hatten wir vor 6 Monaten auch schon benannt. Das ist also alles andere als neu.

Die langfristigen Konsequenzen des Dauer-Lockdowns sind mehr Staatsschulden, mehr Unternehmenspleiten, mehr Frust, mehr Spaltung in der Gesellschaft. Das bedeutet: Entweder werden die Schulden niemals zurückgezahlt – was die historisch vielfach belegte, langfristige Standarderwartung für Staatsschulden sein sollte – oder man findet einen Weg, die Schulden wieder abzutragen. Das kann nur durch Steuererhöhungen, Enteignungen, »Notopfer« oder ähnliche Maßnahmen geschehen. Ebenfalls »gern gesehen« sind (zeitlich begrenzte) (sehr) hohe Inflationsraten, würden die Schulden sich dadurch doch wie von Geisterhand von selbst abbauen (in Relation zum jeweiligen BIP). Hinzu kommt die Tatsache, dass die Politik und die Politiker sich nach Corona für noch unverzichtbarer erachten, als sie es sowieso schon immer taten. Dazu kommt eine neue, große Menge an Macht in Form von Sonderregelungen wegen Corona und die neu gewonnene Macht durch das viele frisch gedruckte Geld. Mit diesem Geld will die Politik die Volkswirtschaft anschieben. In einigen Fällen ist das dringend nötig (zum Beispiel für die US Infrastruktur oder im deutschen Bildungswesen). Die grundsätzliche Unfähigkeit der Politik mit fremdem Geld umzugehen dürfte aber einem Großteil der geplanten Projekte anhaften. Planungschaos, Bürokratiewahn und Korruption sind hier zu nennen. Wir »freuen« uns über den neu geplanten Bahnhof in Frankfurt –nach S21, BER und Elbphilharmonie wird es endlich mal wieder Zeit für neue Großprojekte…. Der Staat ist kein Unternehmer und er sollte es auch nicht sein. Die Politiker werden sich aber die neu gewonnene Macht nur schwer wieder nehmen lassen wollen. 

Steuererhöhungen in den USA sind bereits angekündigt – auch in Europa werden wir – vermutlich nach der Bundestagswahl im Herbst – ebenfalls deutliche Steuererhöhungen / »soziale Umverteilungen« und diverse andere Gerechtigkeits- Umwelt- und Moralabgaben sehen.
Auch das dürfte die Märkte mittelfristig belasten und verstärkend auf die Inflation wirken.

Geopolitik

Die Geopolitik spielt im Moment in den Medien eine untergeordnete Rolle. Dabei gibt es »Spannungen« zuhauf, die schnell eskalieren können.

Russland

Die Nato hält im Moment im Schwarzen Meer ein großes Militärmanöver ab, bei dem 30 Kriegsschiffe und 40 Flugzeuge beteiligt sind. Was würden unsere Medien wohl dazu sagen, wenn China und Russland in der Nordsee oder im Atlantik nahe der französischen oder der amerikanischen Küsten ein großes Militärmanöver durchführen würden? Da die Nato ja immer ausschließlich friedlich agiert, nur gute Absichten hat und der Westen im Allgemeinen moralisch überlegen ist, ist das natürlich was Anderes? (Vorsicht: Ironie)

Hier scheint mit zweierlei Maß gemessen zu werden – wie auch in vielen anderen Dingen. Wenn in westlichen Gefängnissen ein Sexualverbrecher (Epstein), der anscheinend die halbe Weltelite hätte belasten können, sich plötzlich selbst erhängt oder wenn John McAfee sich angeblich selbst tötet, so ist das maximal eine Randnotiz wert. Wenn aber »böse« Mächte in diese Richtung aktiv werden (Stichwort: Navalny und Kashoggi), dann ist das der große Skandal.

Diese Art von Doppelmoral ist leider Fakt. Sie spielt für uns und die Börsen aber nur eine untergeordnete Rolle.

Die Spannungen zwischen Russland und der Nato werden durch das Manöver auf jeden Fall sicherlich nicht abnehmen. Das hier durchaus »Explosionsgefahr« herrscht, hat die Situation der letzten Woche gezeigt, als Russland wohl Warnschüsse auf einen britischen Zerstörer abgegeben hat.

China

China liegt mit Indien bereits seit längerem im Dauerklinsch wegen Grenzstreitigkeiten an Indiens Nord- und Nordost-Grenzen. Erst kürzlich hat Indien 50.000 zusätzliche Soldaten in die Region verlegt – hier stehen jetzt über 200.000 Soldaten an der Grenze. Immerhin schaffen es solche Meldungen in die Rubrik »Sonstiges« bei manchen Nachrichtensendern.

So gut wie gar keine mediale Beachtung finden bei uns die Ereignisse im südchinesischen Meer. Die Situation lässt sich am besten als »chaotisch« bezeichnen.

Das Südchinesische Meer umfasst eine Region, die rund 10-mal so groß ist wie Deutschland. Es geht um tausende von Inseln, Inselchen, Riffen, Steinbrocken und andere »Eiländer«. Historisch gehörten diese Regionen über Jahrhunderte zu China. Durch alle möglichen Kriege, Auseinandersetzungen, Abkommen und Urteile ist die Situation aber bestenfalls als »ungeklärt und offen« zu bezeichnen.

Es geht hier nicht nur um das Territorium als solches, sondern auch um die Kontrolle der weltweit wichtigsten Schifffahrtsrouten, 30 Millionen Barell Erdöl, Fischerei, Mineralien und Erze und natürlich um militärisch-strategisch wichtige Punkte.

Quasi jedes Anrainer-Land steht hier heute im Disput mit anderen Anrainern. China erhebt aber Anspruch auf das gesamte chinesische Meer. Der größte Unterschied zur Situation in den letzten Jahren ist, dass China seine Interessen auch immer mehr durchsetzt. So sind im Frühjahr diesen Jahres 300 chinesische Schiffe nahe einiger von den Philippinen beanspruchten Inseln aufgetaucht. Das waren natürlich alles nur Fischereiboote und Forschungsschiffe, die Schutz vor schlechtem Wetter suchten (wäre der Satz nicht von den Chinesen, könnte er aus unserer sarkastischen Feder stammen ...).

Der Präsident der Philippinen Rodrigo Duterte (ein waschechter Demokrat und Menschenfreund, wie wir alle wissen) reagierte wie gewohnt ruhig und gelassen (Vorsicht: Ironie!) – er schickte seinerseits Militärschiffe in die Region und drohte China offen mit Krieg. Auch mit den anderen Anrainern gibt es immer mehr Reibereien mit China. So dringen zum Beispiel chinesische Kampfjets regelmäßig in die Hoheitsgebiete von Taiwan und Indonesien ein. Und natürlich gibt es regelmäßige Militärmanöver von China in der Region.

Der Westen will hier natürlich nicht das Nachsehen haben. So gehören groß angelegte Militärmanöver der USA zusammen vor allem mit Indien, Japan und Australien ebenfalls zur Tagesordnung. Hinzu gesellen sich – je nach Region – noch Streitkräfte anderer Staaten. England und Frankreich sind ebenfalls regelmäßig dabei – manchmal auch Deutschland. Kurz nach der US Präsidentschaftswahl wurde dann auch die »First Fleet« reaktiviert. Die erste Flotte der USA war bis 1973 für den westlichen Teil des Pazifiks zuständig. 48 Jahre nach ihrer Stilllegung wurde die Flotte nun wiederbelebt. Außerdem verstärkten die USA ihre Truppenpräsenz mehr oder weniger im gesamten Pazifik-Raum. Sind das alles Zeichen von Ruhe und Entspannung?

China hat sich durch das One-Belt-One-Road Programm weltweit viele Freunde, aber auch einige Feinde gemacht. Durch die massiven, strukturellen Veränderungen, die dieses Programm mit sich bringt, wird in vielen Regionen die Grundlage für nachhaltiges Wachstum gelegt. Allerdings ist es ganz offensichtlich, dass so manch eine Investition eher geostrategisch-militärisch begründet ist. So besitzen China oder chinesische Unternehmen inzwischen mehrere Hochseehäfen auf der Welt – und von vielen wird ein ähnliches Erscheinungsbild berichtet: Militärisch abgeriegelte Hochsicherheitszonen und so gut wie keine Frachtschiffe. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

Die Zeichen für China stehen nicht schlecht. Neben den gerade angesprochenen neuen Freunden im Ausland sieht China, dass selbst massive Menschenrechtsverletzungen oder Brüche internationaler Abkommen quasi komplett unbestraft bleiben. Wie sollte man sich auch gegen China wehren, hat China doch einen Großteil der globalen Wirtschaft in seine direkte oder indirekte Abhängigkeit gebracht. Wen stören da schon ein paar Minderheiten oder die Ausweitung der Macht in Hongkong. Ein Land – zwei Systeme? Gut für´s Marketing – aber unter der Decke läuft doch alles nach Plan für China.
Den chinesischen Diplomaten wurde eine Diplomatie des Lächelns und der Sympathie verordnet. Gleichzeit wird die Tonwahl gegenüber Taiwan immer dramatischer. Wir können uns sehr gut vorstellen, dass China hier irgendwann deutlich aktiver wird. Was sollte die Welt schon ausrichten, wenn China sich die nächste kleine Insel nimmt? Wird man einen Weltkrieg wegen Taiwan riskieren? Oder wird Taiwan dann doch ein Bauernopfer?

Fakt ist, dass China durch das One Belt one Road Programm unbestritten sehr viel Gutes für die Welt tut – aber dadurch vergrößert es natürlich auch Macht und Einfluss und kann seine Interessen immer weiter durchsetzen.

Regelmäßig wird in diesem Zusammenhang auch berichtet, wie böse das chinesische Programm sei – werden die Projekte in vielen Staaten doch mit chinesischen Krediten finanziert und die Länder so in eine mögliche Schuldenfalle getrieben. Aber: Hat unser US-zentrisches Finanzsystem mit seinen »heiligen« Institutionen wie dem IWF oder der Weltbank es in den letzten Jahrzehnten großartig anders gemacht? Wer geostrategisch oder wirtschaftlich interessant war, hat Kredite bis zum Abwinken bekommen. Wenn er sich nicht unterwerfen wollte, wurde alternativ in die Demokratie gebombt. Das soll das chinesische Modell nicht gutheißen, aber ist, bzw. war unser System hier moralisch wirklich so viel besser?

Chinas Einfluss auf der Welt wächst – oftmals nur unterschwellig oder mit Blick auf die Wirtschaft – wie man am Hafen von Piräus in Griechenland wunderbar beobachten kann. Aus einem Provinzhafen am äußersten Zipfel von Europa mit gerade mal gut 400.000 Containern Jahresumschlag im Jahr 2008 werden hier inzwischen gut 6 Millionen Container pro Jahr umgeschlagen. Somit ist Piräus bereits der viertgrößte Hafen in Europa mit stark steigender Tendenz. Ganz nebenbei werden noch rund 19 Millionen Passagiere im Hafen befördert – was Piräus zu einem der größten Passagierhäfen der Welt (!) macht. Dieser Hafen ist sicherlich ein positives Paradebeispiel für chinesische Investitionen im Rahmen des Seidenstraßen-Programms.

Aber Chinas Einfluss erstreckt sich inzwischen auch auf andere Gebiete. So sehen wir immer mehr Einmischung im Nahen Osten.

So wurde bereits seit Längerem ein Militärabkommen mit dem Iran ausgehandelt. Das CSP (Comprehensive Strategic Partnership) zwischen China und dem Iran erlaubt es der chinesischen Armee für 25 Jahre Truppen im Iran zu stationieren – natürlich an einem strategisch gut gelegenem Ort. Vielleicht hat der Iran dadurch die Hoffnung, China als eine Art Schutzmacht präsentieren zu können. Hinzu kommen chinesische Investitionen in Höhe von gut 400 Milliarden Dollar in Banken, Häfen, Schienen, Telekommunikation und und und... China bekommt im Gegenzug vor allem Öl vom Iran – und eben einen militärischen Stützpunkt. Die USA unterhalten weltweit offiziell mehr als 800 Militärbasen in über 70 Ländern. China hatte bisher nur eine Basis im Ausland – nämlich in Dschibuti. Nur logisch, dass China sich darum bemüht, ein Gegengewicht zur globalen Präsenz der USA zu schaffen. Mit dem einen oder anderen Hafengelände und eben einem Stützpunkt im Iran ist ein Anfang gemacht.

Das bringt uns auch direkt zum nächsten Unruhepol – dem Iran:

Iran

Die Meinungen zum Iran gehen stark auseinander. Ist es ein vom Westen in die Enge getriebenes Land, welches nur zu überleben versucht? Ist es ein Terror-Regime, welches die westliche Welt auslöschen will? Oder trifft beides zu?

Manch einer mag es für reinen Zufall halten, aber viele Beobachter sehen hinter den Entwicklungen im Nahen Osten einen iranischen Fahrplan, der abgearbeitet wird. Zumindest ist es schon sehr auffällig, dass wenige Tage nach Inkrafttreten des China-Iran-Militär-Deals, die Hamas im Gaza-Streifen damit begonnen hat, Israel mit mehreren tausend Raketen anzugreifen. Das israelische Raketenabwehrsystem hat die meisten Raketen erfolgreich abgefangen. Die Schäden blieben – in Anbetracht der Menge an Raketen – doch eher gering. Die Antwort Israels hingegen war umso stärker. Die Hamas wurde durch die israelischen Angriffe massiv geschwächt.

Der wichtige Punkt hierbei war aber, dass die Hamas jetzt auch Raketen hat, die anscheinend bis Tel Aviv und bis ganz in den Süden von Israel reichen. Bisher war die Reichweite deutlich geringer. Auch die mit den Raketen transportierte Sprengkraft hat im Vergleich zu früher deutlich zugenommen. Dass während dieser Auseinandersetzungen auch eine bewaffnete, iranische Kampfdrohne abgeschossen wurde, die aus Nord-Ost nach Israel eingedrungen war, ging völlig unter.

Viele Beobachter sprechen von dem iranischen »Ring of Fire«. Der Iran würde demnach durch die Hamas im Gaza, die Hisbollah im Libanon, durch pro-iranische Milizen und iranische Militärs in Syrien und Irak, sowie auch durch die Huthis im Jemen eben jenen »Ring of Fire« rund um die Erzfeinde Israel und Saudi Arabien ziehen. Demnach waren die Raketenangriffe nicht mehr als nur ein Testballon. Mit diesem Test wollte man sehen, was der israelische Iron Dome kann, wie gut und schnell er funktioniert und welche Kapazität er hat. Nach Schilderungen von israelischen Militärs lagern im Süden Libanons über 150.000 (!) Raketen, die nur darauf warten gen Israel geschossen zu werden. Sofern diese Beobachter Recht haben (zumindest hatten sie bisher meistens Recht), stehen die nächsten Schritte, die einen viel größeren Konflikt nach sich ziehen, kurz bevor.

Auf der anderen Seite zeigt Israel dem Iran sehr regelmäßig, dass der Iran noch nicht einmal fähig ist seine eigenen, wichtigen Anlagen zu schützen. Nahezu täglich gibt es Meldungen von irgendwelchen Fabriken, chemischen Anlagen, Atomreaktoren, Militäranlagen, Schiffen und vieles mehr die plötzlich in Rauch aufgehen. Der Iran bezichtigt regelmäßig den israelischen Geheimdienst, der diese Bezichtigungen meist nicht von sich weist oder sogar mit entsprechenden Kommentaren noch eins obendrauf setzt. Sofern der Iran Israel nicht die Schuld zuschiebt, spricht man von »Sabotage« (also anderen ausländischen Geheimdiensten) oder auch von »technischen Problemen« (vor allem bei den Atomanlagen gibt man anscheinend ungern zu, dass man diese offensichtlich nicht beschützen kann).

Die Frage ist, ob wir angesichts der quasi täglichen Auseinandersetzungen in der Region noch von »Scharmützeln« und »Spannungen« sprechen sollen oder ob man es als das bezeichnen soll, was es zu sein scheint: Ein offener Krieg – wenn auch (noch) mit angezogener Handbremse.

Leider sehen wir hier überhaupt keine Entspannung. Im Irak zählen wir in diesem Jahr 46 Angriffe auf die verbliebenen US Truppen. Diese Angriffe werden von iranischen Militärs oder entsprechenden Stellvertretern geführt. US Präsident Joe Biden hat erst in der vorletzten Juni-Woche nun seinen ersten Militärschlag angeordnet – gegen eben genau diese Gruppen. Gleichzeitig wurde eine ganze Reihe von iranischen Websites der Saft abgedreht.

In der gleichen Woche wurde Ebrahim Raisi zum neuen Präsidenten des Iran »gewählt«. Er ist ein Hardliner – Spitzname: »The Butcher from Tehran« – in Anspielung auf seine direkte Beteiligung an der Ermordung tausender Dissidenten im Jahr 1988. Bei dieser Person sind sich ausnahmsweise mal alle einig – egal ob »links« oder »rechts« – sowohl für Amnesty International, wie auch für Ex-Präsident Donald Trump, dem israelischen Geheimdienst oder diversen EU-Behörden – für alle ist klar, dass Raisi zur unangenehmeren Sorte Mensch gehören zu scheint, bzw. dass er hochgradig kriminell, bzw. ein Terrorist ist. Seine Ernennung / »Wahl« scheint nicht sonderlich geeignet, um an gute Absichten des iranischen Regimes zu glauben.

Das erklärt auch die stockenden Verhandlungen beim iranischen Atomdeal. In der Tat wirkt es so, als ob ein Atom-Deal zum jetzigen Zeitpunkt suboptimal erscheint, würde er dem Regime doch wieder mehrere Milliarden Dollar in die Kasse spülen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Dollar direkt in den weiteren Ausbau des iranischen Drohnen-, Raketen- und Atomprogramms fließen dürfte zumindest sehr hoch sein.

Globale Sabotagen

Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass wir nicht ähnliche Meldungen wie aus dem Iran auch aus anderen Erdteilen registrieren. Raffinerien gehen in Flammen auf, Stromversorger werden blockiert, große Industrieanlagen werden lahmgelegt – in den USA, in Europa, in China – eigentlich fast überall. Das kann alles Zufall sein, sieht aber nicht so aus.

Geopolitik – Zusammenfassung

Natürlich ist die Geopolitik immer ein geeignetes Mittel, um je nach Lust und Laune entsprechend positive oder negative Szenarien in der Zukunft an die Wand zu malen. Wir haben jedoch im Moment den Eindruck, als ob an viel zu vielen Orten der Welt »gezündelt« wird. Die Gefahr, dass zum Beispiel aufgrund einer Fehleinschätzung Entwicklungen ergeben, die keiner will, erscheint uns deutlich größer als in den letzten Jahren. Die Akteure gehen immer offensiver aufeinander los. Dummerweise heißen diese Akteure eben USA/NATO auf der einen Seite und Russland, China und Iran auf der anderen Seite.
Für die Finanzmärkte spielt das so lange keine Rolle, solange nichts Dramatischeres passiert. Wenn mal irgendwo versehentlich ein Schiff untergeht, dann stört das niemanden. Aber die Tendenz zur Bildung diverser militärischer und wirtschaftlicher Blöcke, die sich gegenseitig ablehnen und sanktionieren war bereits in den letzten Jahren zu beobachten. Dieser Trend könnte sich weiter verstärken. In diese Richtung läuft auch das neue Anti-Sanktionsgesetz aus China – welches für die Unternehmen drastische Konsequenzen hat. Ein Unternehmen, welches sich zukünftig an Sanktionen gegen China beteiligt, verliert den Zugang zum chinesischen Markt.

Angesichts der komplizierten globalen Sicherheitslage und den vielen Spannungen rund um den Globus erscheint es nur logisch, wenn »Dritte« versuchen die Situation für sich auszunutzen. Ach ja: Bleibt noch zu erwähnen, dass China den Palästinensern im Gaza wirtschaftliche Hilfe zugesagt hat.

Wie soll man vor diesen Hintergründen seine Anlagestrategie ausrichten?

Geopolitische Spannungen sind in der Tat eine schlechte Grundlage für Portfolioentscheidungen – hat man sich doch quasi immer mit solchen Risiken auseinander zu setzen. Bei der aktuellen Bewertung der Lage würden wir die Geopolitik lediglich als ein möglichen Risiko-Szenario berücksichtigen. Viel wichtiger ist sicherlich, wie es an der Zins- und Inflationsfront weitergeht. Da aber in der Wirtschaftshistorie stark steigende Rohstoffpreise sehr stark mit dem vermehrten Auftreten von militärischen Konflikten einhergingen, darf man diesen Faktor im Moment nicht unberücksichtigt lassen.

Wie Sie als unsere Kunden wissen, haben wir in den letzten Jahren bei Schwäche regelmäßig dazu aufgefordert, Aktienbestände auszubauen und bewusst die Risiken in Kauf zu nehmen, so sehen wir uns heute nach diesem irren Anstieg in vielen Bereichen und den immer größer werdenden Risiken  dazu veranlasst, die Risiken eher wieder zu reduzieren. Mit vielen Kunden haben wir in den letzten 2-3 Monaten bereits Risiken auf ein normales Maß reduziert. Das bedeutet, dass wir Gewinne in Aktien zum Teil mitgenommen und den Erlös in defensivere Anlagen oder in Anlagen mit negativer Korrelation zu den Gesamtmärkten investiert haben. Auch haben viele unserer Zielfonds in den letzten Wochen die Allokation deutlich defensiver aufgestellt. Somit haben wir in Summe jetzt wieder ein normales Risikomaß in den Portfolien. Damit sehen wir unsere Kunden gut aufgestellt für die nächsten Wochen und Monate. Sollte es zu deutlicheren Rücksetzern kommen, haben wir entweder Anlagen, die sich dagegenstellen können oder wir verfügen über Cash, bzw. konservative Bausteine, die wir in diesem Fall verkaufen können, um zum Beispiel die Aktienquoten dann wieder hochzufahren.

Darüber hinaus noch defensiver zu werden, drängt sich aufgrund der extrem positiven, fundamentalen Situation aber auch nicht auf. Zwar mag es sein, dass dieser Report den Anschein erweckt, als ob wir »mega-bärisch« wären – das sind wir aber nicht. Unsere Aufgabe ist es einfach besondere Chancen oder Risiken entsprechend zu beschreiben und ggf. umzusetzen. Genauso, wie wir in den letzten Reports immer wieder dazu aufgefordert haben die Chancen zu nutzen, möchten wir diesmal einfach nur betonen, dass es vermutlich nicht der richtige Zeitpunkt ist, um weiterhin überdurchschnittliche Risiken einzugehen. Am Ende empfehlen wir aktuell eine »normale«, ausgewogene Depotstruktur mit Aktienquoten, die  je nach Risikoklasse als »neutral« zu bezeichnen wären.

 

 

Depoteinsicht

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Wir führen gerade eine komplett neue Beratungsplattform ein. Ein Teil dieser Plattform ist eine moderne Depoteinsicht für Kunden. Im Moment finden Sie dort eine Depotübersicht, sowie eine erste Depotanalyse. Im Laufe der nächsten Wochen und Monate werden viele zusätzliche Funktionen integriert.

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