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Bulle und Bär

Risk-Parity-Strategie

Ein Interview mit Christian Ulrich, CFA, Portfolio Manager, Invesco Global Asset Allocation Team

Christian Ulrich

Christian Ulrich, CFA, Portfolio Manager, Invesco Global Asset Allocation Team

Sogenannte Risk-Parity-Strategien haben sehr erfolgreiche Jahre hinter sich. Invesco bietet mit dem Invesco Balanced-Risk Allocation Fund einen der Besten Fonds dieser Klasse an. Das Fondsvolumen beträgt inzwischen weit über 2 Mrd. US$.

Für uns ist das Anlass genug Herrn Christian Ulrich vom Invesco Global Asset Allocation Team einige kritische Fragen zu diesem Ansatz zu stellen.

Herr Ulrich, Risk-Parity-Strategien richten die Asset Allokation so aus, dass die Risiken zwischen den Anlageklassen gleich gewichtet sind. Können Sie kurz erklären was das genau bedeutet und was an dieser Strategie vorteilhaft sein kann?

Traditionelle, ausgewogene Mischfonds weisen oft eine starre 60/40-Aufteilung zwischen Aktien und Anleihen auf. Das bedeutet aber, dass der größte Teil des Risikos, etwa 90%, aus dem Aktienengagement stammt – denn Aktien haben ein höheres Risiko als Anleihen. Das Gesamtrisiko des Fonds ist also eine Folge der strategischen Vermögensaufteilung.

Der Invesco Balanced-Risk Allocation Fund geht ganz neu an die Sache heran: Die Risikobeiträge aus den drei Grundbausteinen – Aktien, Anleihen und Rohstoffe – werden von vornherein auf jeweils ein Drittel begrenzt.

Dieser Risiko-Balance-Gedanke bestimmt dann die Gewichtung der einzelnen Anlageklassen im Fonds, z.B. 20% Aktien, 20% Rohstoffe und 60% Anleihen. Mit anderen Worten: Die Risikoaufteilung bestimmt die Gewichtung der Anlageklassen im Fonds. Für den Erfolg dieses Anlagekonzeptes ist also die Wert-entwicklung aller drei Anlageklassen gleich wichtig, sie wird nicht von der risikoreichsten dominiert.

Diese Strategien haben in den letzten Jahren eine sehr erfreuliche Performance abgeliefert. Wir haben sehr oft gesehen, dass auf überdurchschnittlich erfolgreiche Jahre in einer Strategie unterdurchschnittliche oder gar katastrophale Folgejahre nachgekommen sind. Erwarten Sie weiterhin erfreuliche Performance-Zahlen und warum?

Wir sind überzeugt, dass Risikoparitätsportfolios auch in Zukunft wettbewerbsfähige Erträge generieren können. Allerdings sollten sich Investoren darüber im Klaren sein, was sie von derartigen Strategien in unterschiedlichen Marktsituationen erwarten können.

Unsere Investmentstrategie ist Ausdruck unserer grundlegenden Überzeugungen dazu, wie Märkte funktionieren und Anleger Marktchancen optimal nutzen können. Einfach ausgedrückt lautet unser Ziel: »gewinnen, indem wir nicht verlieren«. Das bedeutet, dass wir in schwierigen Marktphasen die Verluste begrenzen und uns zugleich die Fähigkeit erhalten wollen, an steigenden Märkten zu partizipieren. Die Korrelationen zwischen den Anlageklassen, in die wir investieren, sind niedrig bzw. in einigen Fällen sogar negativ. Daher gehen wir davon aus, dass die Strategie unter den meisten Marktbedingungen gut abschneidet und überdurchschnittlich performt, wenn eine oder mehrere der Anlageklassen sehr gut laufen.
Genauso sollte die schwache Performance einer Anlageklasse die Gesamtrendite des Portfolios nicht über Gebühr mindern. Ein Minderertrag der Strategie gegenüber einem traditionelleren, aktienlastigen Portfolio über einen kompletten Marktzyklus tritt generell nur bei einer sehr schwachen Performance von mindestens zwei der drei Anlageklassen auf.

Worin liegt das Hauptrisiko einer solchen Strategie? Unter welchen Umständen kann es zu länger anhaltenden, deutlichen Einbrüchen in der Strategie kommen?

Das größte Risiko für Risikoausgleichsstrategien besteht in einem Umfeld, in dem alle drei Anlageklassen gleichzeitig eine negative Performance verzeichnen (d.h. bei einer Konvergenz und längerfristig höheren Korrelation zwischen den Anlageklassen). In diesem Fall würden die erwarteten Diversifikationsvorteile einer voll investierten Long-Only-Strategie wie der unseren entfallen, so dass diese einseitig exponiert wäre.

Aufgrund des bedeutenden Exposures in Schuldtiteln ergeben sich in einem Umfeld schnell steigender Zinsen potenziell weitere Herausforderungen. In einem solchen Umfeld können auch Risikoparitätsstrategien einem heftigen Gegenwind ausgesetzt sein. Wie stark dies die Gesamtportfoliorendite beeinflusst, hängt in diesem Fall davon ab, warum die Zinsen steigen und in welchen Segmenten der Zinsstrukturkurve (kurzes oder langes Ende) die höchsten Zinssprünge verzeichnet werden. Diese spezifische Gefahr adressieren wir mit unserer Flexibilität, von festen Risikobeiträgen abzuweichen. Dadurch können wir die Gewichtung der Rentenallokation in einem Umfeld steigender Zinsen schrittweise reduzieren.

Ein Kritikpunkt in den Medien ist regelmäßig die Anwendung eines Hebels. Welche Positionen hebeln Sie wie stark und wie abhängig ist der Ertrag von dieser Hebelung?

Ein Risikoparitätsportfolio ohne Hebelung zu managen ist durchaus möglich. Allerdings wäre das Gesamtrisiko eines derartigen Portfolios deutlich geringer als das eines traditionelleren, aktienlastigen Balanced-Portfolios und würde daher auch weniger attraktive absolute Renditen generieren. Daher gilt es, das Verhältnis von Risiko und Rendite richtig auszutarieren. Unser Ziel besteht darin, eine Alternative zu einem traditionelleren, aktienlastigen Portfolio zu bieten, deren langfristiges Volatilitätsziel bei 8% liegt. Wir nutzen keine Hebel für spekulative Zwecke (d.h. keine Fremdfinanzierung), sondern als Teil des Prozesses der Portfoliokonstruktion, um das angestrebte Gesamtportfoliorisiko zu erreichen und attraktive, wettbewerbsfähige risikoadjustierte Renditen zu generieren. Der Leverage-Faktor (im Bezug zum eingesetzten Kapital) variiert mit der Zeit (typischerweise zwischen 1,3 und 2,0) und ist ein direktes Ergebnis der strategischen und taktischen Positionierung.

Sind Strategie und Allokation beim Invesco Balanced-Risk Allocation Fund komplett regelbasiert? Oder greifen einzelne Personen in die Systematik ein? Wenn ja, hat das in der Vergangenheit einen Mehrwert gebracht?

Im Rahmen des Portfoliokonstruktionsprozesses basiert die strategische Allokation auf den monatlichen Ergebnissen der Risiko- und Korrelationsmatrix der zugrundeliegenden Vermögenswerte (d.h. komplett systematisch). Außerdem nehmen wir im Rahmen eines aktiven Positionierungsprozesses monatliche taktische Anpassungen vor. Taktische Anpassungen sind wichtig, weil die drei im Fonds vertretenen Anlageklassen in verschiedenen Phasen des Konjunkturzyklus unterschiedlich reagieren. Aufbauend auf unseren fundamentalen Überzeugungen haben wir quantitative Modelle entwickelt, anhand derer wir die Über-/Untergewichtung der einzelnen Portfoliokomponenten gegenüber der strategischen Allokation bestimmen. Obwohl es bei der Auswahl der verschiedenen in diesen quantitativen Modellen eingesetzten Modellfaktoren ein menschliches Element gibt, sind die Modellergebnisse im Hinblick auf die taktische Portfoliopositionierung frei von subjektiven Einflüssen. Damit ist dieser Prozess sehr transparent, systematisch und repetitiv. Seit Auflegung des Fonds hat die taktische Positionierung unsere Erwartungen erfüllt und die Gesamtportfoliorendite positiv beeinflusst.

Haben Sie in der Vergangenheit das Investment-Universum verändert? Wollen oder können Sie es zukünftig verändern? Was wären Kriterien für eine Veränderung des Universums?

Die Zusammensetzung des Anlageuniversums variiert abhängig davon, ob zusätzliche Vermögenswerte/Anlageklassen wesentliche Diversifikationsvorteile bieten oder das aktuelle Exposure in einer Anlageklasse (d.h. das Beta-Exposure) verbessern. Auch ein kompletter Ausschluss eines Vermögenswerts aus dem Portfolio ist denkbar, wenn dieser die angestrebten Diversifikationsvorteile nicht mehr liefert. Bislang ist dieser Fall jedoch noch nicht aufgetreten.

Seit Auflegung des Fonds haben wir unsere Staatsanleiheallokation sowohl im Hinblick auf die Zahl der gehaltenen Vermögenswerte als auch unsere Bewertung des Gesamtrisikos der Anlageklasse leicht angepasst. Anfang dieses Jahres haben wir zudem leichte Anpassungen an unserem Exposure in Energierohstoffen vorgenommen.

Herr Ulrich, herzlichen Dank für das Gespräch.