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Ein Interview mit Graham French, Fondsmanager M&G Global Basics

Graham French, Fondsmanager M&G Global Basics

Graham French, Fondsmanager M&G Global Basics

Herr French, Sie haben im Jahr 2000 nachweislich großen Weit-blick bewiesen. Aktuell durchlaufen Sie eine Phase der relativen Schwäche. Die Gründe dafür haben Sie bereits ausführlich kommentiert. Uns interessieren weniger die Gründe für die aktuelle Schwäche, als mehr langfristige Überlegungen.
Sie schreiben in Ihrem Kommentar vom September, dass Sie weiterhin der Meinung sind, dass das Wachstum in den Schwellen-ländern weiterhin hoch bleiben wird und deshalb Ihre Strategie der Investition entlang der »Kurve der Wirtschaftsentwicklung« weiterhin richtig sein wird. Sie zitieren auch den IWF, der für 2012 ein Wachstum von 8% in China unterstellt. Soweit so gut – wenn wir aber die Details betrachten, dann ergibt sich für uns ein völlig anderes Bild:

  • Wohnungen kosten in Peking inzwischen mehr als das 22-fache des durchschnittlichen Jahreseinkommens. In Shanghai knapp das 16-fache, in Shenzen knapp das 13-fache.
  • Das Wachstum der Energieproduktion erreichte im Sommer 0,0%.
  • Das Exportwachstum Chinas befindet sich im Bereich von nur noch +5%.
  • Eisenbahnfrachten reduzierten sich auf +3,4%.
  • Der Kupfer-Verbrauch ist im ersten Halbjahr um rund 20% eingebrochen.
  • Die Exporte nach China aus Taiwan sind seit Ende 2011 rückläufig.
  • Das Exportwachstum von Südkorea nach China und nach Hongkong liegt bei Null. Die Gesamtexporte von Südkorea sanken sogar um 7,8% seit Mai.
  • In diesem Jahr gab es an der Börse in Hong Kong mehr Gewinnwarnungen als im Frühjahr 2009 – nach Lehman.

Glauben Sie bei all diesen Faktoren wirklich, dass China 2012 ein echtes Wachstum von 8% erreichen kann? Oder steht das nur auf dem Papier?

Viel ist darüber gesagt und geschrieben worden, ob die chinesische Wirtschaft wohl auch künftig in so hohem Tempo wachsen kann wie im zurückliegenden Jahrzehnt – in dem Zeitraum hat sich Chinas Wirtschaftsleistung verdoppelt. In diesem Jahr steuert das Land laut Schätzungen des Internationalen Währungsfonds jedoch auch wieder auf ein Wachstum von 7,5-8,0% zu. Das ist ein sehr hohes Niveau für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Mittlerweile spielt das exportabhängige Wachstum nicht mehr die Hauptrolle. Die Binnenkonjunktur ist zum wesentlichen Faktor geworden, und das bedeutet aus unserer Sicht ein nachhaltigeres Wachstum, da die Abhängigkeit von der Auslandsnachfrage somit geringer ist.

Selbst wenn Ihr langfristiges Bild weiterhin stimmt, so sollten deutliche Rezessionen auch in diesen Ländern doch zu Ihrer Standard-Erwartung gehören. Was würden Sie im Portfolio verändern, wenn Sie eine solche erwarten würden?

Wir halten es nicht für wahrscheinlich, dass es in den Schwellenländern zu Rezessionen kommt. Andere Schwellenländer, also abgesehen von China, wachsen schließlich weiter. Alle diese Länder sind zusammen der Hauptgrund dafür, dass die Weltwirtschaft mit einer Rate von 3,3% wächst – nicht viel langsamer als im Durchschnitt der letzten 15 Jahre. Zudem sind die Regierungen, die die Volkswirtschaften im »Osten« lenken, in der Lage, das Wachstum nötigenfalls mit Mitteln der Geld- und Fiskalpolitik zu stimulieren – eine Möglichkeit, die vielen Regierungen im »Westen« nicht im gleichen Maße zur Verfügung steht.

Ich kann mich noch gut an einen Vortrag von Ihnen im Frühjahr 2009 erinnern. Dabei lobten Sie den Weitblick der chinesischen Regierung, die damals für viele Milliarden Dollar Rohstoffe und Rohstoffaktien gekauft haben soll. Im Nachhinein war das sicher ein richtiger Schritt. Angeblich machte China im Jahr 2012 ähnliche Investitionen – wissen Sie darüber Details?

Seit über einem Jahrzehnt hat der Fonds erheblich von seinem äußerst selektiven Engagement in Grundstofftiteln profitiert. Angesichts der Sorgen über die Abkühlung der Konjunktur in China und der pessimistischen Stimmung der Anleger stand der Sektor im vergangenen Jahr jedoch unter Druck. Das hat sich auch auf die Wertentwicklung des Fonds ausgewirkt. Die Aktien von Bergbauunternehmen erlitten Einbußen, da viele Anleger die zyklischeren Bereiche des Markts mieden. Dennoch ist die Nachfrage nach Rohstoffen nicht geringer geworden, auch wenn sich der Anstieg verlangsamt hat und die Preise stabil geblieben sind.

Im vergangenen Jahrzehnt traten Entwicklungsländer wie China normalerweise als Käufer von Rohstoffen auf. Zunehmend erwerben rohstoffarme Länder inzwischen selbst Minen und sichern dadurch ihre Versorgung für die Zukunft. Auseinandersetzungen im südafrikanischen Bergbau – Südafrika ist einer der weltweit größten Rohstofflieferanten – verschaffen den Rohstoffpreisen zusätzliche Unterstützung, da die Fördermengen aufgrund der Probleme kurzfristig zurückgehen.

Die Philosophie und der Investmentprozess, den wir in unserem Portfolio anwenden, hat sich nicht geändert, seit der Fonds im Jahr 2000 aufgelegt wurde. Wir denken langfristig – die Haltedauer beträgt in der Regel mehrere Jahre. Unser Interesse richtet sich auf gut geführte Unternehmen mit ordentlichen Cashflows, die im Laufe der Zeit hohe Erträge erwirtschaften und Wert für unsere Anleger schaffen können. Diese Unternehmen haben sich auf die Wachstums- und Nachfragetreiber in den Schwellenländern eingestellt, wo sich 3,5 Milliarden Menschen nach und nach entlang der »Kurve der Wirtschaftsentwicklung« in höhere Regionen vortasten. Das Konzept geht vom Wandel der Bedürfnisse einer Volkswirtschaft in verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung aus. Diese reichen von Nahrungsmitteln und grundlegender Infrastruktur bis hin zu Konsumgütern, Reisen und Markenartikeln bei schon fortgeschrittenerem Entwicklungsstand.

 

Reale Werte entlang der »Kurve der Wirtschaftsentwicklung«, Quelle: M&G, Stand 30.09.2012

Die chinesische Zentralregierung hat in der Tat sehr oft wirtschaft-lichen Weitblick bewiesen. Für mich stellt sich in diesem Zusammenhang vor allem eine Frage: Warum sollte ausgerechnet eine sozialistische Regierung langfristig mehr von Volkswirtschaft verstehen, als die vielen anderen Regierungsformen? Hatten die Chinesen vielleicht einfach nur zufällig Glück und sollte man für die nächsten Jahre nicht erwarten, daß auch China die gleichen Fehler machen wird, wie so viele andere sozialistische Regierungen – an derem Ende die (erneute) Verarmung der Massen stehen wird?

Unserer Ansicht nach haben es die Chinesen verstanden, ihre Wirtschaft vernünftig zu managen und mögliche soziale Unruhen unter Kontrolle zu halten. Während Peking den Machtwechsel vorbereitet und vollzieht, dürfte sich an der Art, wie die Wirtschaft des Landes gemanagt wird, wenig ändern.
Herr French, herzlichen Dank für das Gespräch.

  

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Glossar

Schwellenländer: Volkswirtschaften, die sich in einer Phase hohen Wachstums und zunehmender Industrialisierung befinden. Anlagen in diesen Staaten gelten im Allgemeinen als risikoreicher verglichen mit Industrieländern.

Geldpolitik: Regulierung von Geldumlauf und Zinsen durch eine Zentralbank.

Fiskalpolitik: Politik der Regierung in den Bereichen Steuern, Ausgaben und Kreditaufnahme.

Zyklische Bereiche des Markts: Branchen, in denen die Nachfrage nach Gütern und/oder Dienstleistungen von der aktuellen Verfassung der Wirtschaft (Konjunktur) abhängig ist. Typischerweise erzielen Unternehmen in zyklischen Bereichen bessere Ergebnisse, wenn die Wirtschaft sich gerade erholt oder die Konjunktur schwungvoll läuft.