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Bulle und Bär

Kommentar (Datenstand 31.12.2012)

Das vierte Quartal 2012 bescherte Anleiheinvestoren nochmals kräftige gewinne. Je niedriger die Kreditqualität, umso besser für den Kurs.

Die beobachteten Fonds konnten massive Kursgewinne verbuchen. Durch den Euro-Anstieg kam es bei Fonds, die in anderen Währungen investieren zu Währungsverlusten, der Kursanstieg der Anleihen konnte diese Kursverluste jedoch überwiegend ausgleichen.

Somit war 2012 wieder ein sehr gutes Jahr für Anleiheinvestoren.

Doch wie ist die Situation zum 31.12.2012?

Die Rendite über alle beobachteten Produkte sank erneut um knapp 0,53%. Der Spread aller Produkte zur Umlaufrendite sank ebenfalls weiter und beträgt nun nur noch 2,34%. Die durchschnittliche Endfälligkeitsrendite aller Produkte steht bei 3,35%. Diese Kennzahlen sind auf den ersten Blick nicht mehr sonderlich attraktiv. Zumal muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Zinsen in den USA (T-Bonds und T-Bills) seit Ende Juli ansteigen, die Umlaufrendite in Deutschland steigt bereits seit Juni, die verschiedenen Euribor-Zinssätze, sowie die Rex-Renditen steigen seit Dezember. Ob das die Anfänge eine übergeordneten Zinswende sind kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Aus zyklischer und fundamentaler Sicht gibt es eine ganze Reihe von Anhaltspunkten dafür, aber das steht hier nicht zur Diskussion.

Wenn also nun die Basis-Zinssätze ansteigen, gleichzeitig die Zinsen der Unternehmens-Anleihen und Staatsanleihen aus den Emerging Markets fallen, dann verringert sich der Spread immer mehr. Von dieser Seite her können die Bäume nicht mehr in den Himmel wachsen. Es ist also Vorsicht angesagt, zumal international auch weitere Währungsverluste drohen. Als ich mit dieser Kolumne begonnen habe – was gerade mal ein Jahr her ist – gab es noch unter den beobachteten Produkten noch 8 Produkte mit einer Endfälligkeitsrendite über 7%, ein Produkt hatte sogar eine Kennzahl über 10% und drei weitere brachten mehr als 6%. Jetzt, einige Monate später gibt es in der ganzen Liste nur noch ein Produkt mit einer Endfälligkeitsrendite von mehr als 7% und nur vier, die mehr als 6% bringen.

Sehr oft zeigt sich, dass Trends länger anhalten, als man glaubt, bzw. als logisch begründbar ist. Insofern muss man jetzt nicht sofort aufs „Knöpfchen“ drücken und alles verkaufen. Die Trends sind „reif“, die ersten Warnzeichen sind angesprungen, aber noch laufen die Märkte. Deswegen muss man noch nicht die Kavallerie losschicken. Man kann aber vielleicht schon mal die Pferde von der Koppel holen. Also Währungsrisiken absichern, sofern noch nicht geschehen, konservativere oder flexiblere Produkte den dynamischen, hoch riskanten Produkten vorziehen. Sollten sich die Warnzeichen verstärken und fundamental entsprechend negative Szenarien diese bestärken – was aktuell gar nicht danach aussieht – dann muss man Konsequenzen ziehen.

Was könnte dafür sorgen, dass es einfach so schön weiter geht, wie bisher? Was könnte sich grundlegend verändern, dass eine weitere Rallye gerechtfertigt wäre?

Auf den ersten Blick findet man hier nichts. Jedoch gibt es durchaus Möglichkeiten für eine Fortsetzung der Trends, selbst bei steigenden Zinsen in den Staatsanleihen: Inzwischen wissen die Anleger wieder, dass Staatsanleihen nicht immer sicher sind. Auch nicht von „großen“ und „entwickelten“ Staaten. Das Vertrauen gegenüber den amerikanischen und deutschen Anleihen könnte sich weiter eintrüben – weil in den USA nach erfolgreicher Umschiffung des „Fiscal Cliff“ bereits die nächste „Gebirgskette“ wartet, die umschifft werden muss oder weil Deutschland – trotz Überschuss und guten Wachstumszahlen – zum Beispiel durch die de facto Haftungsunion „ESM“ oder durch die „Bankenunion“ mittelfristig eine niedrigere Kreditqualität erhält. Durch einen solchen mittelfristigen Vertrauens- oder Rating-Verlust könnte es in der Tat sein, dass die Zinsen ansteigen, während die Zinsen für Unternehmen oder andere Staaten weiter sinken, weil deren Rating sich nicht verschlechtert oder vielleicht sogar verbessert hat.

Insofern gibt es auch noch Potential für weitere Kursgewinne, auch wenn die Luft zugegebener Maßen immer dünner wird.